Dienstleistung als höchste Handwerkskunst
Ritz-Carlton zeigt in einer Videoserie, was die Ladies&Gentlemen unter Service verstehen. Sehr schöne Bilder, die meinen Sinn für Gastrosophie ansprechen.
Selbstbestellung – ein sinnvolles Konzept?
Angesichts von Technologiefortschritt und Smartphone-Wahn ein absehbarer Trend: Startups und App-Entwickler stellen die ersten Apps vor, die Bestellungen unter Umgehung des Servicepersonals ermöglichen – „Selbstbestellungen“ also.
Angeblich eine Revolution der Gastronomie. Ausgangsüberlegung ist offensichtlich, dass die Gäste deutlich höhere Anforderungen an das Servicepersonal hätten, als dieses im (regulären) Betriebsablauf leisten könne. Unfug, meine ich, und bin damit nicht alleine:
Falls sich die Bestell-Apps im großen Stil durchsetzen, benötigt der Gastronom weniger geschultes Personal sondern eher Abräumservice. [ … ] „Ich denke es geht hier mehr um den Servicegedanken. Lass Deine Gäste bestellen, wie sie es wollen, wann sie es wollen und was sie wollen. Das passt natürlich auch nicht in jedes Konzept.“ Genau! Lassen wir jeden Gastronomen entscheiden, was er alles mitmacht und was nicht.
[ via: mixology ]
Nach Lesen des Mixology-Artikels bekomme ich mal wieder einen Philosophier-Anfall:
In unserer schnelllebigen Zeit ist Selbstbedienung in Supermärkten oder an Tankstellen, wo es um das standardisierte Massengeschäft geht, sicherlich richtig und angemessen. Aber in der Gastronomie? An einem Ort, an dem ich zunächst einmal als Gast wahrgenommen werde möchte und weniger als Kunde? Da erscheint mir das Konzept der Selbstbestellung doch fehl am Platze. Oder reden wir hier von Autobahngastronomie? Dann würde es natürlich durchaus passen. Dann weiß aber hoffentlich auch jeder, wieviel Ambiente, Entspannung, Anspruch, Ruhe oder Qualität in solchen Betrieben zu erwarten ist. (Ich für meinen Teil betrete aus Prinzip keine Autobahngastronomie. Dafür ist mir mein Geld zu schade.)
Als Gast möchte ich meinen Gastgeber kennenlernen bzw. dessen Stellvertreter (das Servicepersonal). Nur so entsteht eine Bindung zu Ort und Gelegenheit. Der kommunikative Aspekt eines Bar-, Restaurant-, Café-, Kneipenbesuchs ist doch unverzichtbarer Bestandteil desselben. Selbstbestellung ist dort weder cool, noch modern, noch zeitgemäß, sondern einfach nur Selbstbetrug und der Verlust sämtlicher gastrosophischer Qualitäten.
„Echte“ Gastronomen betrachten Gastronomie nicht als Geschäft, sondern als Kunst und Lebenswerk. Sie haben eine Botschaft, eine Mission. Und ihre Gäste sind Teil ihres Kunstwerkes, ihr Publikum und ihre Belohnung. Ok, finanziell haben „echte“ Gastronomen vielleicht nicht immer das glücklichste Händchen. Aber so ein echter Gastronom ist mir immer noch tausend Mal lieber als jeder andere, der Gastronomie als Geschäft betreibt – und demgemäß handelt.
Beim nächsten Gastronomiebesuch kann jeder meiner Leser ganz einfach die Probe auf's Exempel machen: Gastronom oder Geschäftemacher – in welcher Art von Betrieb befindet man sich wohl gerade? Die Indizien und Beweise sind vielfältig und größtenteils schon auf meinen Seiten beschrieben worden. Das fängt mit der Speisekarte an (liebevoll-dilettantisch oder reißerisch-kommerziell?), führt über den Generalverdacht „Alle Gäste sind Diebe und Betrüger.“, eben auch hin zum Thema Selbstbestellung.
Danke, aber nein danke. Ich gedenke meine Bestellungen weiterhin bei freundlichem Servicepersonal aufzugeben, mich bei meiner Bestellung beraten zu lassen, vielleicht sogar ein kleines Schwätzchen zu halten. Und in Stoßzeiten weiß ich als guter Gast auch, wie ich mich dem Servicepersonal gegenüber zu verhalten habe: Klare Ansagen in kurzen Sätzen, dem Andrang angemessen. Auch wenn es mal voller sein sollte und daher länger dauert, möchte ich auf Servicepersonal trotzdem nicht verzichten.
Speisekartenschummel
Erschreckend – dass die Welt jetzt erst bemerkt, was doch schon seit Jahren bekannt sein sollte:
Die Verbraucherzentrale Hamburg veröffentlichte am Montag eine Liste zum Speisekartenschummel, die häufige Beschwerden von Verbrauchern aufzeigt. So sollen laut der Zentrale bis zu 80 Prozent aller servierten Speisen aus vorgefertigten Gerichten, also Tütensuppen, Fertigsaucen oder Backmischungen bestehen.
[ via: Welt online ]
Speisekartenschummel ist nicht ganz richtig. Speiseschummel wäre richtig(er). Doch angesichts des aktuellen Preisgefüges in der Gastronomie, hat doch wohl nicht wirklich irgendjemand ernsthaft geglaubt, dass er in bestimmten Betrieben noch was anderes als Tüten- und TK-Ware bekommt, oder?
Die zugehörigen gesetzlichen Bestimmungen und Regelungen sind übrigens alle hinlänglich bekannt und müssten durch entsprechende Kontrollen und Folgen einfach nur umgesetzt werden. Aber meinem Empfinden nach ist der großen Masse der Restaurantbesucher der Preis leider wichtiger als die Qualität. Daher werden Erkenntnisse wie die obigen wohl nach einem kurzen Rauschen im Blätterwald genauso schnell wieder in der Versenkung verschwinden.
Ich selbst gehe mittlerweile lieber einmal weniger auswärts Essen, dafür dann aber qualitativ hochwertig.
Goldener Windbeutel 2012
Es ist wieder so weit – Mitmachbefehl:
Wem soll foodwatch den „Goldenen Windbeutel“ bei einem persönlichen Besuch am Firmensitz überreichen?
[ via: Abgespeist ]
Mein Favorit ist dieses Jahr das Hackfleisch. Dreister geht es ja wohl nicht.
PS: Ups, den Hinweis auf die gleiche Aktion im Jahr 2011 habe ich hier doch glatt vergessen.