Einen Gin-Tonic bitte …
Gin-Tonic trinke ich jetzt seit mehr als 20 Jahren. Also schon wesentlich länger als die aktuelleste Gin-Hippness-Welle dauert.
Am Anfang stand der Klassiker: Gordon's und Schweppes Tonic Water. Es gab ja praktisch nix anderes. Dann kamen Bombay Sapphire und Beefeater dazu; letzerer ist mir persönlich allerdings zu spritig. Dann kam der Tanqueray und anschließend erst einmal eine ganze Weile Ruhe. Vor gefühlt fünf Jahren fing dann meiner Erinnerung mit Hendricks der Hype an. Vor allem die Gurke (statt Limette, niemals Zitrone!) im Glas vermittelte eine coolen Eindruck. Und es schmeckte auch noch. Dann kamen die ganzen Hausdestillate aus Städten, Ländern und Regionen. Und natürlich die Tonic-Water-Wissenschaft mit Thomas Henry, Fentiman's, Fever Tree.
Insgesamt blieb es aber immer bei Gin mit Tonic, der mir bis heute als erstes einfällt, wenn ich nach einem Aperitif gefragt werde.
Meine Gin-Erfahrung ist seither weiter gewachsen. Mein Gin-Regal ändert sich nach Lust und Laune. Immer wieder gerne getrunken werden Nordés und Gin Sul.
Ich trinke gerne Champagner
… sehr gerne sogar. Genauso wie Madame Lilly Bollinger:
Ich trinke Champagner,
wenn ich froh bin,
und wenn ich traurig bin.
Manchmal trinke ich davon,
wenn ich allein bin;
und wenn ich Gesellschaft habe,
dann darf er nicht fehlen.
Wenn ich keinen Hunger habe,
mache ich mir mit ihm Appetit,
und wenn ich hungrig bin,
lasse ich ihn mir schmecken.
Sonst aber rühre ich ihn nicht an,
außer wenn ich Durst habe.
Menü oder Speisefolge?
Ach, ich fühle mich in alte Zeiten zurückversetzt:
Die ganz hohe Schule ist es, auch noch das Farbenspiel im Blick zu haben: Ein Menü aus Tomatensuppe, Spaghetti Napoli und einem Erdbeersorbet bietet dem Auge kaum Abwechslung. Perfekt ist es, nicht nur zwischen den Gängen, sondern sogar auf jedem Teller verschiedenfarbige helle und dunkle Zutaten zu komponieren.
[ via: Schweriner Volkszeitung ]
Zwei Sachen habe ich allerdings anders in Erinnerung: Von einem Menü spricht man erst ab vier Gängen (vorher ist es „nur“ eine Speisefolge) und eine obere Grenze für die Anzahl der Gänge gibt es nicht (ich durfte schon einmal ein Elf-Gang-Menü genießen).
Das Härteste am Türsteherdasein
Die Speisekarte vor meiner Nase
[ via: Twitter / NiceBastard ]
Ja, Türsteher können es wirklich schwer haben.
Neuer Link: Gastrogeschichte
Christiaan van Kuyen hat auf seinen Seiten unter gastrogeschichte.de allerlei Wundersames, Überraschendes und Historisches aus der Welt der Gastronomie und der Speisekarten zusammengetragen. Selbstverständlich gehört er damit in die Speisekarten-Links (einsortiert unter Gastrosophie).
Sehr spannend finde ich z. B. den Abschnitt zum Bankett für 22.950 Personen.
Food-Porn: Rouge by Carte Noire
Gerade bei langeweiledich.net gefunden: Herrliches Himbeerdessert – dessen Zubereitung man im Video verfolgen kann. Ich habe jetzt jedenfalls Hunger ;-)
[ via: langweiledich.net ]
[ via: doobybrain ]
Nicht Gegessenes bezahlen – ein neuer Trend?
Das Lebensmittelverschwendung in der Gastronomie vermeidbar ist, sollte allen klar sein. Das Hotel Schwarzer Adler in Moers-Schwafheim geht jetzt „etwas radikalere Wege“ beim Umgang mit Gästen, die beim All-you-can-eat-Gambas-Abend über die Stränge schlagen:
Bitte bestellen Sie nur so viel, wie Sie essen können.
Nicht angegessene, nachbestellte Gambas werden mit € 10,00 berechnet.
[ via: Hotel Schwarzer Adler ]
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Formulierung auf der Karte wasserdicht (im rechtlichen Sinne) ist. Und der ein oder andere Gast wird seine Reste ggf. unter dem Salat verstecken ;-) Trotzdem halte ich die Ankündigung, nicht Gegessenes zu berechnen, erst einmal für einen mutigen Schritt. Ob das gleich ein Trend wird, bleibt natürlich abzuwarten. Über Erfahrungsberichte dazu würde ich mich freuen ;-)
Klein, kleiner, Leonhard
Was machen zwei Gastroverrückte (ein Restaurantfachmann und ein Koch), die sich ihren Lebenstraum erfüllen wollen? Na klar, ein Restaurant auf. Aber wie kann man ein Restaurant mit nur zwei Personen bewirtschaften? Da muss a) klar sein, dass fast rund um die Uhr geschuftet wird und b) einiges vereinfacht werden. – Wenn man dann aus einer Not eine Tugend macht, entstehen manchmal ganz tolle Sachen, wie z. B. diese Karte:
So kann man mein Plädoyer für die kleine Karte natürlich ganz konsequent umsetzen. Denn auf dem Foto ist die gesamte Karte zu sehen. Ja, genau. (Getränke gibt es auf Empfehlung bzw. direkt aus der angeschlossenen Bar.) Mehr braucht es doch gar nicht.
Die Ausführung des Kartenträgers (natürlich selbstgemacht), Anzahl der Gerichte und vor allem das dahinterstehende Konzept haben mich in diesem Fall voll überzeugt. Vor allem die Idee mit kleinen und großen Gerichten zu arbeiten, ermöglicht viele kulinarische Möglichkeiten. Und der Koch (der auch noch der Spüler ist) kann so zur Höchstform auflaufen. Gleichzeitig bleibt der Serviceumfang an den zehn Tischen so für eine Person gerade noch schaffbar.
Wer solche Ideen hat, dem wünsche ich in jedem Fall viel Erfolg. Gerne empfehle ich daher einen Besuch im Leonhard (Leonhardstrasse 2, 38102 Braunschweig, +49 531 7018855). Ich selbst werde auch häufiger mal reinschauen.
PS: Die beiden suchen übrigens noch eine Auszubildende/einen Auszubildenden zu 2013-04. Wer richtig was lernen will, hat hier beste Chancen – und kann ganz nebenbei etwas ganz Besonderes bei seiner Entstehung begleiten. Nur arbeitsscheu darf man natürlich nicht sein, wenn man hier einsteigt ;-)
Dienstleistung als höchste Handwerkskunst
Ritz-Carlton zeigt in einer Videoserie, was die Ladies&Gentlemen unter Service verstehen. Sehr schöne Bilder, die meinen Sinn für Gastrosophie ansprechen.
Selbstbestellung – ein sinnvolles Konzept?
Angesichts von Technologiefortschritt und Smartphone-Wahn ein absehbarer Trend: Startups und App-Entwickler stellen die ersten Apps vor, die Bestellungen unter Umgehung des Servicepersonals ermöglichen – „Selbstbestellungen“ also.
Angeblich eine Revolution der Gastronomie. Ausgangsüberlegung ist offensichtlich, dass die Gäste deutlich höhere Anforderungen an das Servicepersonal hätten, als dieses im (regulären) Betriebsablauf leisten könne. Unfug, meine ich, und bin damit nicht alleine:
Falls sich die Bestell-Apps im großen Stil durchsetzen, benötigt der Gastronom weniger geschultes Personal sondern eher Abräumservice. [ … ] „Ich denke es geht hier mehr um den Servicegedanken. Lass Deine Gäste bestellen, wie sie es wollen, wann sie es wollen und was sie wollen. Das passt natürlich auch nicht in jedes Konzept.“ Genau! Lassen wir jeden Gastronomen entscheiden, was er alles mitmacht und was nicht.
[ via: mixology ]
Nach Lesen des Mixology-Artikels bekomme ich mal wieder einen Philosophier-Anfall:
In unserer schnelllebigen Zeit ist Selbstbedienung in Supermärkten oder an Tankstellen, wo es um das standardisierte Massengeschäft geht, sicherlich richtig und angemessen. Aber in der Gastronomie? An einem Ort, an dem ich zunächst einmal als Gast wahrgenommen werde möchte und weniger als Kunde? Da erscheint mir das Konzept der Selbstbestellung doch fehl am Platze. Oder reden wir hier von Autobahngastronomie? Dann würde es natürlich durchaus passen. Dann weiß aber hoffentlich auch jeder, wieviel Ambiente, Entspannung, Anspruch, Ruhe oder Qualität in solchen Betrieben zu erwarten ist. (Ich für meinen Teil betrete aus Prinzip keine Autobahngastronomie. Dafür ist mir mein Geld zu schade.)
Als Gast möchte ich meinen Gastgeber kennenlernen bzw. dessen Stellvertreter (das Servicepersonal). Nur so entsteht eine Bindung zu Ort und Gelegenheit. Der kommunikative Aspekt eines Bar-, Restaurant-, Café-, Kneipenbesuchs ist doch unverzichtbarer Bestandteil desselben. Selbstbestellung ist dort weder cool, noch modern, noch zeitgemäß, sondern einfach nur Selbstbetrug und der Verlust sämtlicher gastrosophischer Qualitäten.
„Echte“ Gastronomen betrachten Gastronomie nicht als Geschäft, sondern als Kunst und Lebenswerk. Sie haben eine Botschaft, eine Mission. Und ihre Gäste sind Teil ihres Kunstwerkes, ihr Publikum und ihre Belohnung. Ok, finanziell haben „echte“ Gastronomen vielleicht nicht immer das glücklichste Händchen. Aber so ein echter Gastronom ist mir immer noch tausend Mal lieber als jeder andere, der Gastronomie als Geschäft betreibt – und demgemäß handelt.
Beim nächsten Gastronomiebesuch kann jeder meiner Leser ganz einfach die Probe auf's Exempel machen: Gastronom oder Geschäftemacher – in welcher Art von Betrieb befindet man sich wohl gerade? Die Indizien und Beweise sind vielfältig und größtenteils schon auf meinen Seiten beschrieben worden. Das fängt mit der Speisekarte an (liebevoll-dilettantisch oder reißerisch-kommerziell?), führt über den Generalverdacht „Alle Gäste sind Diebe und Betrüger.“, eben auch hin zum Thema Selbstbestellung.
Danke, aber nein danke. Ich gedenke meine Bestellungen weiterhin bei freundlichem Servicepersonal aufzugeben, mich bei meiner Bestellung beraten zu lassen, vielleicht sogar ein kleines Schwätzchen zu halten. Und in Stoßzeiten weiß ich als guter Gast auch, wie ich mich dem Servicepersonal gegenüber zu verhalten habe: Klare Ansagen in kurzen Sätzen, dem Andrang angemessen. Auch wenn es mal voller sein sollte und daher länger dauert, möchte ich auf Servicepersonal trotzdem nicht verzichten.