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Information ist ein Produktionsfaktor

Eingetragen am 2013-10-31 18:52 von Thorsten Sommer unter #andererseits.

Nico Lumma spricht ein Thema an und aus, dem ich unbewusst auch schon eine Weile nachsinne:

Nun allerdings stehen wir da und reiben uns kollektiv die Augen, denn um uns herum hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden, den die handelnden Akteure hierzulande nicht wirklich wahrhaben wollen. Beispiele gibt es zuhauf. Ich kenne dieses Phänomen aus der Werbebranche, wo in Deutschland der Wandel der Agenturen viel zu lange überhaupt nicht stattgefunden hat und sich nun viele große Agenturen wundern, warum sie auf einmal immer unattraktiver für junge Mitarbeiter werden, aber auch immer mehr Konkurrenz bekommen von Agenturen, die digitale Themen besetzen und damit bei den Kunden offene Türen einrennen. Oder nehmen wir doch mal die Diskussion um die NSA und deren systematische Überwachung des Internets als ein Beispiel. So wurde bereits im Dezember 2001 in der amerikanischen Wired über “The Future of War” geschrieben und aufgezeigt, wie stark die Privatsphäre des Einzelnen in Gefahr ist. 12 Jahre später hat Deutschland zwar ein Cyber-Abwehrzentrum, aber der Verfassungsschutz ist nicht in der Lage, herauszufinden, dass Spitzenpolitiker vom amerikanischen Geheimdienst überwacht wird. Warum? Weil es einfach niemanden interessiert hat. Während in anderen Ländern das Digitale wichtig ist und in dem Bereich geforscht und investiert wird, sind die deutschen Eliten bestenfalls indifferent demgegenüber. Wir sind ein reiches Land, das sich auf seinen Lorbeeren ausruht, anstatt Anstrengungen zu unternehmen, dass die Vorteile der Digitalisierung konsequent genutzt werden. Wir leisten uns auch den Luxus, über Themen in einer Dauerschleife zu diskutieren, anstatt einen Konsens zu erzielen und dann damit auch zu leben, dafür ist die Energiewende das beste Beispiel.

[ via: Lummaland ]

Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen – oder besser gesagt Nicht-Entwicklungen – sehe ich eine düstere Zukunft auf uns zukommen. Es fängt mit der unterdimensionierten Infrastruktur (Netzabdeckung) in unserem Ach-so-modernen Land an, geht über die wieder erstarkte Front für die Vorratsdatenspeicherung (einen direkten Angriff auf die laufende Datenschutzdebatte und angesichts der NSA-Affäre ein Schlag ins Gesicht aller Netzbürger), ungenügende IT-Ausbildungsmöglichkeiten in Schule und Beruf, rasant abnehmenden Standards in der Hochschulausbildung bis hin zu mangelnder Unterstützung (von Förderung, gar finanzieller, will ich noch gar nicht reden) innovativer IT-Ideenschmieden.

Deutschland baut traditionsbewusst weiter auf die drei altbewährten Produktionsfaktoren Kapital, Maschinen und Personal. Der mächtige vierte Produktionsfaktor Information wird nicht erkannt, verleugnet, missverstanden, ignoriert und neuerdings auch missbraucht.

Die Chance, dass Deutschland seinen großen Vorrat an gut qualifizierten Bürgern nutzt oder ausbaut, um mit dem Produktionsfaktor Information neuer Produktivitätshöhen zu erreichen, verstreicht Tag um Tag fast ungenutzt. Gleichzeitig nutzen andere Länder sie, erstarken daran und werden irgendwann an unsere Tür klopfen, um ihre Güter zu dann uns horrend erscheinenden Preisen anzubieten. Dann wird uns nichts anderes mehr übrig bleiben als in den sauren Apfel zu beißen und Knowhow teuer zuzukaufen.

Als Informatiker von ganzem Herzen bricht es mir dasselbe. Und gleichzeitig weiß ich, dass ich mir bis an mein Lebensende keine Sorgen über meine Arbeitssituation zu machen brauche. Ich werde immer mehr als genug tun dürfen. – Ist das jetzt gut oder schlecht?

 

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