Vom Unglück der Besten
Gerhard Retter wurde vom Gault Millaut zum Maitre des Jahres 2005 gekürt. Leider kenne ich den Herrn nicht, aber ich gehe davon aus, dass er etwas von seinem Job versteht. (Ich selbst hatte vor einiger Zeit die Ehre einen anderen genauso gewürdigten Herren in einem nicht ganz unbekannten Restaurant in Wiesbaden kennenlernen zu dürfen und war schwer beeindruckt :-)) – Jedenfalls teilt Herr Retter das Schicksal aller Profis und Experten: Die Verwunderung (oder Frustration?) darüber, dass andere Menschen nicht mit der gleichen Leichtigkeit an die Sachen herangehen. – Bevor das jemand als Überheblichkeit versteht: Es gibt einen Unterschied zwischen „nicht können“ und „nicht wollen“. Meine alltäglichen Beobachtungen in der Gastronomie bringen mich jedenfalls zu der Überzeugung, dass das Unglück von Herrn Retter nachvollziehbar ist. „Nicht können“ ließe sich nämlich schnell und einfach beheben, „nicht wollen“ hingegen schwieriger, seltener und nur mit viel Geduld.
Und worin besteht das Unglück? «Man kann nicht mehr essen gehen.» In Gaststätten mit weniger ausgefeiltem Service möchte Retter am liebsten selbst aufspringen, wenn er an Nebentischen bemerkt, dass Menschen auf etwas warten.
[ via: Netzeitung ]
Mal sehen, wann sich das in Deutschland wieder bessert. Mein letztes Plädoyer zu dem Thema ist jedenfalls immernoch aktuell. – Dienen ist eine Berufung, kann Spaß machen und eine Erfüllung sein – und sie ist auf jeden Fall wertvoll (ich wiederhole mich doch wieder). Offensichtlich ist nicht jeder Mensch dazu in der Lage und das macht diese Eigenschaft zu etwas Besonderem.
So ist die höchste Eigenschaft des besten Dieners Menschenkenntnis. Ein Gespür dafür zu haben, was der einzelne wünscht.
[ ebenda ]
Das kann natürlich auch bedeuten, dass man einen Gast im passenden Moment in Ruhe lässt. Zwischen Service und Aufdringlickeit liegt nur ein schmaler Grat. Menschen, die den Unterschied kennen und beherrschen, wie sicherlich auch Herr Retter, haben meinen tiefsten Respekt.
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